Die Segelsaison im Resümee – Interview mit Bora Inceören

ARGOS Yachtcharter - 18. November 2024

Herr Inceören, in der Saison 2021 drehte sich alles um die Pandemie. Wie gingen Kunden und Charteranbieter mit der Situation um, und was kann sich für die Zukunft daraus ergeben? Hat sich das Buchungsverhalten verändert?

Die Saison geht ja gerade erst zu Ende, daher ist es eindeutig noch zu früh, um eine Prognose über ein geändertes Buchungsverhalten abzugeben. Meiner Meinung nach wird es aber nur in Ausnahmefällen dazu kommen, da die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Urlaub auch zukünftig eine frühzeitige Planung erfordert. Diese Saison gab es allerdings in der üblichen Frühbucherphase ab Oktober 2020 bis hinein in den März eine eher verhaltene Buchungsbereitschaft. Aus der allgemeinen Angst und Ungewissheit aus dem letzten Winter ist eine pragmatischere Betrachtungsweise geworden. 

Mit dem Impffortschritt ab Mai sind dann auch die Vorbehalte über Bord gegangen. Alle wollten plötzlich segeln – auch weil der Bootsurlaub ja unter Pandemiegesichtspunkten sehr sicher ist. Argos bescherte dies Rekordbuchungszahlen, teilweise dreimal so hoch wie in den besten Jahren, aber leider immer noch zu wenig, um die vorausgegangenen Verluste auszugleichen. Die Yachten waren plötzlich ein rares Gut. Die Überlappung von Umbuchungen aus dem Vorjahr und aufgeschobenen Neubuchungen, gekoppelt mit einer Verknappung an Yachten durch eine verkürzte Chartersaison (erst ab Mitte Juni), haben zu einem regelrechten Kampf um die verbliebenen Yachten geführt. In Sachen Preisabsicherung und Konditionen war in dieser Situation hingegen jeder Kunde bereit, direkt zu bezahlen, um überhaupt eine Yacht zu bekommen. Teilweise gab es Vormerklisten von über 10 Kunden für eine einzige Yacht.

Was bedeutet das für Ihre Kunden in der nächsten Saison 2022?

Für 2022 erwarten wir deutlich weniger Umbuchungen, trotzdem ist es empfehlenswert frühzeitig zu buchen, um die diesjährigen Zustände zu vermeiden. Abraten würden wir von nagelneuen Yachten, wenn der Törn bis Juni 2022 beginnt. Die Lieferungen aus den Werften haben durch Corona auch deutlichen Verzug und führen immer wieder zu Verärgerung.

Wie sind die Flottenbetreiber mit der Situation umgegangen? Sie haben ja 2020 bewältigt und schon viel aufgeholt. Wie wird 2022?

Die Flotten sind teils erheblich geschrumpft, alte Yachten wurden abgestoßen, da in der Coronazeit gerade der Gebrauchtmarkt irrsinnig boomte. Scheinbar haben sich viele Segler Ihre Schiffsträume während der Pandemie erfüllt. Für Neuproduktionen sind die Werften bereits voll ausgebucht, was das Wachstum nach der Krise begrenzt.

Gibt es Flottenbetreiber, die nicht überlebt haben?

Leider hat es einige Pleiten gegeben, alle in Kroatien, aber ohne größeren "Fall-Out" für ARGOS – wir hatten das vorhergesehen und rechtzeitig aufgehört diese Flotten zu buchen. Durch Yachtverkauf, Stundung von Krediten und staatliche Hilfen haben sich die Charterfirmen durch die Saison 2021 gerettet. Welche Firmen beim Kassensturz Ende 2021 noch weitermachen wird sich zeigen, denn die größten Kostentreiber für Marina und Versicherung werden im Januar fällig.

Wie sehen Sie die Zukunft für die Yacht-Vercharterer?

Eine gewisse Konsolidierung auf dem Chartermarkt ist zu erwarten, insbesondere Flotten, die mit minimalen Margen arbeiten, sind weiterhin gefährdet; es könnte dadurch zu einer weiteren Reduzierung der Gesamtzahl an Yachten kommen. Andere Anbieter konnten trotz der Krise große Investitionen anziehen (Dream Yacht Charter und Navigare Yachting), da mit einem hohen Wachstumspotenzial im Krisennachgang gerechnet wird.

Wir erwarten eine Preissteigerung der Charterfirmen durch die Bank weg von nicht weniger als 10%. Dies war lange überfällig. Es ist erstaunlich, wie lange die Branche aus Angst vor Umsatzverlust die Preise nicht an gestiegenen Kosten angepasst hat. Übrigens auch ein Grund, noch jetzt zu günstigen Konditionen für nächstes Jahr zu buchen.

Die Mittelmeerdestinationen sind ja die klaren Gewinner in der Saison 2020/2021, die Ferndestinationen haben verstärkt Einbußen hinnehmen müssen. Wird sich daran 2022 etwas ändern?

Erholung im Mittelmeer

© Katso/Adobe Stock

Die Umsatzverluste in Ferndestinationen werden sich in 2022 noch nicht ganz erholen, da die Coronaregelungen in diesen Ländern teils noch sehr restriktiv sind. Auch die Fluganbindungen stehen teilweise auf wackeligen Beinen und somit der gesamte Törn. Mit einer positiven Impfentwicklung in diesen Destinationen wird es, denke ich, erst Ende 2022 zu einer Normalisierung der Winterauslastung 2022/2023 kommen.

Größte Verlierer aus Deutscher Perspektive sind Reiseziele, die ein Umsteigen nötig machen oder fast ein Jahr lang keine Einreise erlaubten. Darunter Thailand, BVI's und Bahamas/USA, welche nur noch mit der Binnennachfrage arbeiten konnten. Auch die Kanaren haben im letzten Winter sehr unter den spanischen Inzidenzzahlen und der einhergehenden Bewertung des RKI gelitten. Besser wegkommen werden die französischen Überseedepartments Martinique und Guadeloupe, sowie die Seychellen. Hier sehen wir bereits wieder eine gute Auslastung für den Winter 2021 und zahlreiche Neubuchungen für 2022.

Welche Destinationen hat Argos neu im Portfolio?

Für die nächste Saison stehen im Mittelmeerraum mit Zypern und Kreta zwei Neuheiten im Programm, in Nordeuropa sind Island, Stavanger und die Lofoten in Norwegen hinzugekommen.

Und die weiteren Neuigkeiten aus dem Hause Argos?

Wir haben den Argos Katalog völlig neu konzipiert und gestaltet. Erstmals wird es zwei Ausgaben geben: Eine für die europäischen Destinationen, allen voran natürlich das Mittelmeer, die andere für Ferndestinationen. Der Europa-Katalog erscheint zur diesjährigen Interboot, die Ferndestinations-Variante zur Boot Düsseldorf im Januar. Downloads stehen vorab auf der Argos Homepage zur Verfügung. Wir haben unsere Kataloge den aktuellen Anforderungen des Chartermarktes angepasst und uns von starren Preislisten verabschiedet, da seit 2020 immer mehr Charterfirmen dazu tendieren, die Preise flexibel zu gestalten. Durch Corona mussten viele große Charterflotten die Yachten hin- und herbewegen; dies wird auch in 2022 der Fall sein. Daher kommen Katalogleser nun per Mausklick oder QR-Code direkt auf die stets aktuellen Preisinformationen der Argos Webseite. Darüber hinaus können auf diesem Weg mehr als 140 Törnvorschläge in über 40 Charterrevieren aufgerufen werden.

Wir starten mit vollem Elan in die neue Chartersaison 2022 und freuen uns auf den persönlichen Kontakt mit unseren Kunden auf den bevorstehenden Messen.